
Gefühlskarten und Autismus
Gefühle begreifen: Gefühlskarten und Autismus – Ein wertvolles Werkzeug für mehr Verständnis
Gefühle können manchmal wie ein grosses, unübersichtliches Labyrinth wirken – besonders für Kinder und Jugendliche im Autismus-Spektrum. Emotionen wahrzunehmen, zu benennen und mitzuteilen, ist oft eine echte Herausforderung. Hier kommen Gefühlskarten ins Spiel: Sie helfen dabei, die unsichtbare Welt der Emotionen sichtbar und begreifbar zu machen.
Gerade in der emotionalen Arbeit mit Kindern sind Gefühlskarten ein liebevolles, einfaches Werkzeug, um Brücken zwischen Innenwelt und Aussenwelt zu bauen. Für Menschen mit Autismus können sie ein Schlüssel sein – zu mehr Verständnis, mehr Sicherheit und mehr Selbstwirksamkeit.
Warum sind Gefühle für Kinder mit Autismus oft so schwer zu greifen?
Viele Kinder und Jugendliche im Autismus-Spektrum nehmen ihre Umwelt auf eine besondere, oft sehr intensive Weise wahr. Gleichzeitig kann es ihnen schwerfallen, eigene Emotionen zu erkennen oder die Gefühle anderer richtig einzuschätzen.
Häufig fehlen die passenden Worte oder die „richtige“ Körpersprache, um Emotionen auszudrücken. Frustration, Rückzug oder Missverständnisse im sozialen Miteinander sind oft die Folge. Gefühlskarten bieten hier eine einfache und visuelle Unterstützung, die Kommunikation erleichtert – ohne Druck, ohne Überforderung.
Wie Gefühlskarten die emotionale Arbeit mit Kindern unterstützen
1. Sichtbarkeit schaffen
Gefühlskarten machen abstrakte Emotionen konkret. Ein trauriges Gesicht, ein lachendes Symbol – solche Bilder helfen, Gefühle schnell zu erkennen und zu benennen.
Gerade bei Autismus, wo nonverbale Signale oft schwer zu deuten sind, geben Karten Sicherheit und Orientierung.
2. Worte finden für das Innenleben
Viele Kinder im Spektrum wissen zwar, dass sie etwas fühlen, können es aber nicht in Worte fassen. Die Karten bieten Begriffe und Bilder, die als „Brücke“ dienen – weg vom diffusen Gefühl, hin zu klarer Kommunikation.
3. Struktur und Vorhersehbarkeit bieten
Klare Abläufe und visuelle Hilfen sind für viele Autist*innen sehr wichtig. Gefühlskarten können ritualisiert eingesetzt werden – zum Beispiel zu Beginn jeder Sitzung oder als tägliches Check-in-Ritual.
4. Selbstwirksamkeit stärken
Gefühlskarten helfen Kindern nicht nur, ihre Emotionen zu benennen, sondern auch zu erleben: „Ich darf fühlen, was ich fühle.“ Das stärkt das Selbstvertrauen und die Fähigkeit zur Selbstregulation.
Praktische Tipps für die Arbeit mit Gefühlskarten
· Angepasste Auswahl: Zu Beginn lieber weniger Karten mit klaren, leicht erkennbaren Emotionen verwenden.
· Rituale schaffen: Immer zur gleichen Zeit einsetzen (z. B. morgens oder nach Übergängen wie Pausen oder Wechseln der Aktivität).
· Selbst auswählen lassen: Freie Wahl der Karten gibt Kontrolle und stärkt das Selbstwertgefühl.
· Individuelle Anpassung: Manche Kinder profitieren von eigenen Symbolen oder speziell gestalteten Karten, die ihre persönlichen Vorlieben berücksichtigen.
Gefühlskarten im Alltag: So einfach geht's
Gefühlskarten müssen nicht nur in der Therapie oder Schule zum Einsatz kommen – auch zu Hause sind sie ein wertvoller Begleiter. Ein paar Ideen:
· Morgenritual: „Wie fühle ich mich heute?“ – eine Karte ziehen oder wählen.
· Emotions-Tagebuch: Jeden Abend eine Karte wählen und ein paar Sätze dazu aufschreiben oder malen.
· Konfliktlösung: Nach Streit oder Stress helfen Gefühlskarten, die eigene Perspektive zu klären – ruhig und ohne Worte, wenn nötig.
Warum Gefühlskarten mehr sind als ein Lernmittel
Gefühlskarten sind keine „schnelle Lösung“ für komplexe Themen. Sie sind ein sanfter Begleiter, der Kindern (und Erwachsenen) zeigt:
· Alle Gefühle sind erlaubt.
· Ich bin mehr als mein Verhalten.
· Verständnis beginnt mit Zuhören und Hinschauen.
Gerade bei der Arbeit mit neurodiversen Kindern ist diese Haltung essenziell. Es geht nicht darum, Gefühle zu „korrigieren“, sondern sie liebevoll wahrzunehmen und anzuerkennen.
Fazit: Kleine Karten – grosse Wirkung
Gefühlskarten sind ein Geschenk. Sie helfen, Brücken zwischen innen und aussen zu schlagen, besonders bei Kindern und Jugendlichen im Autismus-Spektrum.
Mit Geduld, Empathie und passenden Übungen können sie die emotionale Welt ein Stückchen leichter machen – für die Kinder selbst, aber auch für alle, die sie begleiten. Und genau das ist echte Inklusion: Raum geben, wo bisher nur Mauern waren.
FAQ: Gefühlskarten und Autismus
1. Ab welchem Alter können Gefühlskarten bei Autismus eingesetzt werden?
Schon ab 3 Jahren – je nach Entwicklungsstand angepasst.
2. Müssen die Kinder die Karten erklären können?
Nein, oft reicht das Zeigen oder Deuten. Sprache ist hilfreich, aber keine Voraussetzung.
3. Was tun, wenn ein Kind sich nicht entscheiden kann?
Mehrere Karten zur Auswahl geben oder die Möglichkeit bieten, eigene Symbole zu gestalten.
4. Gibt es spezielle Gefühlskarten für Autismus?
Ja, einige Anbieter entwickeln besonders reduzierte oder strukturierte Sets für neurodiverse Kinder.
5. Können Eltern die Karten auch zu Hause nutzen?
Unbedingt! Alltagssituationen bieten viele Gelegenheiten für kleine, feine emotionale Übungen.